Menschliches Verbundenheitsgefühl ist existentiell.
Verbundheit mit anderen Menschen zu erleben und zu spüren ist ein tiefliegendes menschliches Bedürfnis. Sehr oft wird das Motto "je mehr desto besser" verfolgt.
Um das Bedürfnis nach Verbundenheit zu befriedigen, stehen heute technisch unterstützte Kommunikationsmedien zur Verfügung, mit denen dies kanalisiert werden kann. Leider verschwinden Kommunikationspartner aber im Netz von Mensch und Maschine.
Wie entsteht das Grundbedürfnis nach Verbundenheit?
Der Mensch wird als geistiges Wesen in einen Körper hineingeboren. Damit erlebt er sich bis zu dem Zeitpunkt, wo eine Identifizierung mit dem Körper stattfindet, als getrennt vom Körper. Diese Trennung und das damit einhergehende Gefühl des Alleinseins erzeugen Angst. Man möchte diese schreckliche Gefühl überwinden. Wenn diesem in Kindheit und Jugend ausreichend Beachtung durch Bezugspersonen gezollt wurde, entsteht Urvertrauen. Die Sicherheit, mit anderen Menschen verbunden zu sein, wächst parallel zu den eigenen Überlebenskräften und Fähigkeiten. Man fühlt sich innerlich und äußerlich frei. Sich ständig der Verbundenheit zu andern zu vergewissern, verblasst.
Leider wachsen Menschen nur selten unter solchen idealen Umständen auf. Geliebt zu werden um seiner selbst Willen, auch mit Schwächen, ist nicht selbstverständlich. Es kommt zu verschiedenen Verhaltensformen:
1. Anpassung (Lieb-Kind)
2. Agression (Der Böse)
3. Nicht Erwachsenwerden (Der Dauerrebell)
4. Ausgrenzung (Ich gehöre nicht dazu.)
5. Entwertung (Ich bin besser.)
6. Selbstaufopferung (Ich bin nichts wert.)
7. Unterdrückung eigener Impulse (Ich dar nicht ich sein.)
Jedes dieser Verhaltensmuster führt dazu, dass das Gefühle der Trennung und Bedrohung immer stärker werden. Die ganze Lebensenergie richtet sich dann dadurch darauf, sich einer Verbundenheit zu vergewissern. Es entsteht ein weites Feld für Manipulation und Vortäuschung von Zugehörigkeit (Stammtisch, Banden, Gangs, Faschismus usw.). Angst vor Verlust von Gemeinschaftszugehörigkeit ist so groß, dass man zum Mitäufer, Mitwisser, Mittäter wird.
Wer sich seines Selbstwertes und seiner eigenen Würde nicht bewusst ist und zwischen selbstbefreienden Wegen und Selbstzerstörung nicht unterscheiden kann, ist in unserer Gesellschaft in besonderem Maße Verführungen ausgesetzt.
Diesen Kontext gilt es zu berücksichtigen, wenn wir uns mit der Frage beschäftigen, ob die neuen Kommunikationsmedien helfen können, eine Kultur der Verbundenheit zu etablieren.
Es kristalliert sich zunehmend heraus, dass ein Teil der Menschen, sich dieser Umstände bewusst werden und andere sich tiefgreifend einsam und isoliert fühlen. So läuft die zweite Sparte Gefahr, Opfer von Missbrauch, Verführung und Manipulation durch die neuen, in sich schon ambivalenten Kommunikationsmittel zu werden.
Der Text lehnt sich folgender Literatur an:
Gerald Hüther und Christa Spannbauer: Connectedness, Huber Verlag, 1. Aufl. 2012
Foto: Petra Brookland, 2017
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Gabriele (Samstag, 06 Juli 2019 08:42)
Interessanter Ansatz, ich benutze die Medien zur reflektierten Informationserfassung und Unterhaltung aber auch Zerstreuung meiner Einsamkeit zeitweise. Durch viele Jahre Therapie, Intellekt und Lebenserfahrung stellen die Medien für mich keine Gefahr dar, die Ursache meiner Einsamkeit liegen nach meiner Einschätzung an meiner Persönlichkeit und derzeitigen Lebensumständen. FB habe ich heute reaktiviert, ich versuche mehr am realen Leben, neben meiner Berufstätigkeit teil zu nehmen, nicht einfach, gebe ich zu. Danke für den Denkansatz.