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Ich oder die anderen?

Wie oft hast Du Dich schon gefragt, ob Du richtig handelst, wenn es um die Befriedigung Deiner persönlichen Bedürfnisse und die Deiner Mitmenschen geht? Quälst Du Dich immer wieder mit Entscheidungen an diese Punkt? Da sind die Menschen, die Du liebst und deren Wohlergehen Dir am Herzen liegt? Und da bist Du mit all Deiner Sehnsucht und dem Ruf in Deinem Inneren nach persönlicher Erfüllung. Ich glaube, das kennt jeder. Da kann man schon mal ganz schön ins Grübeln kommen, oder?

 

Entscheidest Du Dich für Dich selbst, heißt es schnell, Du bist egoistisch, hartherzig, unsozial, eine Rabenmutter, eine schlechte Ehefrau, Mitarbeiterin usw. Hast Du die anderen stärker im Blick als Dich selbst, drückt man Dir schnell den Stempel "Helfersyndrom" auf, der natürlich an sich schon negativ konnotiert ist. Da kann man auch schon mal ins Grübeln kommen, oder?

 

Die gute Nachricht ist, dass nur wichtig ist, das Du es schaffst, beide Pole in Einklang zu bringen.

 

Wir haben alle nur ein bestimmtes Energiereservoir - ein Mensch etwas mehr als ein anderer - aber für alle ist es wichtig, mit diesem harmonisierend und sorgfältig umzugehen. Eine zu starke Investition Deiner Energie in die Sorge um andere kann schnell zu gesundheitlichen und/oder psychischen Problemen führen. Du leidest dann vielleicht oft unter Kopfschmerzen, Magen- und Darmproblemen, Schlafproblemen, Angst, hohem Blutdruck und erleidest eines Tages einen Burnout, Depressionen, einen Herzinfarkt usw. - ganz ohne Vorwarnung. Und - die anderen müssen dann vielleicht ganz auf Deine Hilfe verzichten.

 

Menschen, die nur ihre eigene Wunschbefriedigung im Blick haben, sind auch nicht wirklich froh. Ich wage zu behaupten, dass es gesellschaftlich bedingt bis zu diesem Zeitpunkt eine große Zunahme an Selbstsucht gibt, da vor allem die Kriegs- und Nachkriegsgenration mit verschiedensten Entbehrungen aufwuchs. Die entstandenen Defizite melden sich oft lebenslang vehement immer wieder und melden ihr Recht an. Kennst Du den Satz "So lange du deine Füsse unter meinem Tisch steckst, hast du zu machen, was wir wollen." Aufmerksamkeit für eigene Bedürfnisse zu bekommen war schwer.

Aber ein positiver Wandel steht ins Haus, denn die meisten Menschen sind früher oder später auf die Frage zurück geworfen, worin der Sinn ihres Lebens liegt. Immer nur um mich selbst kreisen? Wir brauchen unsere Familie, Partner, Freunde und Nachbarn im normalen Alltag mehr denn je, da wir uns zunehmend fast nur noch virtuell in sozialen Netzwerken begegnen. Wenn reale Begegnungen fehlen, wird es immer schwerer uns vollständig zu fühlen. Man träumt halt so vor sich hin und fühlt sich vielleicht unantastbar. Aber was ist, wenn Du jetzt mal Hilfe benötigst? Wir brauchen die anderen sozusagen als Reibungsflächen für unsere persönliche Entwicklung in jeglicher Hinsicht. 

 

In Essay formuliert Nicolas Dierks:

"Täglich verteidigen wir unsere Freiheit gegen Ansprüche anderer, doch es besteht die Gefahr, dass wir in einen radikalen Subjektivismus abgleiten, der unser Leben verarmen lässt und die Gesellschaft fragmentiert. Rücksicht auf andere zu nehmen, schwächt nicht unsere Freiheit, es ist Ausdruck unserer Verbundenheit."

 

Also, ich denke es liegt klar auf der Hand, dass es gut ist, sich in beide Richtungen zu orientieren. Die verschiedenen Hindernisse beim Finden und Halten dieser Balance gilt es mit Sorgfalt aufzuarbeiten.

 

Foto: Petra Brookland, 2017

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